Schon Anfang 2020 wurde in den USA die App gelauncht, die seit dem Durchbruch in Deutschland im Januar 2021 entweder als „das neue Ding“ oder als „völlig überbewertet“ gehandelt wird – und das nicht nur in Social Media-Kreisen, sondern zunehmend auch unter privaten Nutzern. Fast 750.000 mal wurde die App inzwischen in Deutschland heruntergeladen. Gerade inmitten des langwierigen Winter-Lockdowns war Clubhouse eine willkommene Neuheit und viele Early Adopter hatten Zeit, sich mit dem neuen Medium zu beschäftigen. Aber was genau kann die App und was macht sie so besonders?
Clubhouse ist eine Audio-only-App, auf der registrierte Nutzer Gesprächsrunden (sogenannte „Räume“) eröffnen oder ihnen beitreten können. In diesen Räumen wird live diskutiert, jeder kann mitreden, man kann aber auch einfach zuhören und lernen. Dabei gibt es kein Video und keinen Text, sondern wirklich nur die Audiofunktion. Räume können in einem Kalender angekündigt und vorbereitet, aber auch spontan eröffnet werden. Finden kann man diese Räume entweder durch Stichwortsuchen, durch den Kalender oder durch das Abonnieren anderer Nutzer und Hinweise auf deren Aktivitäten. Nutzt man die App das erste Mal, muss man sich kurz orientieren – das funktioniert aber recht intuitiv.
Und was macht Clubhouse so besonders?
Es gibt mehrere Gründe, warum Clubhouse so gut funktioniert:
- Die Exklusivität! Herunterladen kann die App zwar jeder, um sich registrieren zu können braucht man (Stand März 2021) aber eine Einladung oder social proof von bereits aktiven Nutzern. Dieses Prinzip der künstlichen Verknappung hat im Januar 2021 einen regelrechten Hype auf die App ausgelöst – und das ist bekanntlich ansteckend!
- Das Audio-Only-Prinzip! Nachdem wir in den letzten Jahren alles auf visuelle Medien (vor allem auf Bewegtbild) gesetzt haben, belohnen die Menschen hier mediale Inhalte, die nur mit Ton auskommen. Audio-Inhalte können bequem und vollständig unterwegs, beim Sport oder beim Wäsche aufhängen konsumiert werden. Nach der wachsenden Beliebtheit von Podcasts ist der Erfolg einer Audio-App wie Clubhouse die logische Folge.
- Now or never! Und: Was auf Clubhouse passiert, bleibt auf Clubhouse. Sämtliche Inhalte sind ausschließlich live verfügbar und können im Nachhinein nicht nochmal abgerufen werden. Dies sorgt für einen FOMO (Fear of missing out)-Effekt, der die Nutzungsdauer und –frequenz steigert.
- Kommunikation auf Augenhöhe! Hier diskutieren prominente Politiker und Journalisten mit Privatpersonen. Auf Clubhouse wird geduzt – und jeder kann mitreden. Dazu muss man einfach nur virtuell „die Hand heben“ und wird dann von den Moderatoren ins Gespräch integriert. Auch spannend für viele Nutzer ist sicherlich, Personen des öffentlichen Lebens hier mal „ganz privat“ und nicht als Mittelpunkt des Geschehens, sondern als stille Mithörer zu erleben.
Meine Prognose: Einige der genannten Punkte werden sich mit der Zeit relativieren, allen voran die Exklusivität. Je etablierter die App, desto mehr Strukturen und Routinen (und desto weniger Experimente) wird es in ihrer Nutzung geben. Der Trend zu Audio-Inhalten bleibt allerdings stark. Es ist deshalb davon auszugehen, dass Clubhouse in den kommenden Monaten für sehr medienaffine Menschen an Reiz verliert und der Hype nachlässt. Stattdessen wird die App sich der breiten Masse öffnen und die Inhalte dadurch als weniger exklusiv empfunden werden.
Wofür wird Clubhouse kritisiert?
- Erneut: Die Exklusivität. Die App funktioniert bisher nur auf iOS-Geräten, also auf dem iPhone. Android-User sind also (noch) ausgeschlossen – was auch für eine momentan noch recht eingeschränkte Nutzungsgruppe und Spott unter einigen Android-Nutzern sorgt.
- Mangelhafter Datenschutz: Aus Sicht von Datenschützern geht die App grob fahrlässig mit den Nutzungsdaten ihrer User um. Allerdings verzichtet Clubhouse inzwischen bereits auf die umstrittene Vorgabe, Zugriff auf das Adressbuch erteilen zu müssen. Die Einladungsseite wurde neu gestaltet. Nun kann man Nutzer manuell über die Eingabe ihrer Telefonnummer einladen. Alternativ kann man einzelne Kontakte aus dem Adressbuch auswählen und muss so nicht sein gesamtes Adressbuch an Clubhouse weitergeben.
- Unübersichtlichkeit: Rund um die Uhr passiert auf Clubhouse zeitgleich unfassbar viel. Viele User beschweren sich darüber, dass sie unmöglich alle Talks wahrnehmen (im wahrsten Sinne des Wortes!) können, die sie interessieren.
- Rechtsfreier Raum: Auf Clubhouse gibt es so gut wie keine Regeln außer den Gesprächsregeln, die die Moderatoren eines Raums aufstellen und praktizieren. Das klingt erst mal sehr modern – spielt aber beispielsweise Extremen oder Verschwörungstheoretikern in die Hände.
Inzwischen haben die beiden Gründer den nächsten großen Schritt angekündigt, um Creator auf Clubhouse zu unterstützen. Es wird ein Accelerator-Programm geben: Zunächst werden 20 Creator in drei Bereichen unterstützt, neue und innovative Formate auf Clubhouse nachhaltig an den Start zu bringen. Clubhouse unterstützt die ausgewählten Creator bei der Konzeption ihrer Formate und dabei, die richtigen Gäste zu finden. Auch bei der Bewerbung der Formate bekommen die Creator Unterstützung innerhalb und außerhalb der Plattform. Für die Dauer des Accelerator-Programm garantieren die Gründer sogar ein monatliches Einkommen von 5.000 Dollar und helfen bei der Vernetzung mit Brands.
Wie können wir als Brand Clubhouse für uns nutzen?
Meiner Meinung nach hat die App großes Potenzial, gerade, wenn es um Nischenthemen geht! Nutzen sollten wir Clubhouse deshalb zum Beispiel dafür, die eigene Expertenrolle zu stärken – oder aber auch dafür Experten heranzuziehen, um etwa gemeinsam mit ihnen sowie unseren Fans Themen hochwertig zu diskutieren. So schlagen wir gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Wir stärken die Bindung zu unseren Followern, geben ihnen ein Gefühl von Wertschätzung und schaffen dabei echte Mehrwerte. Hierzu können je nach Thema auch Influencer hinzu gezogen werden, die die Reichweite unserer Talks und damit unserer Bekanntheit weiter erhöhen.
Auch Trendthemen und tagesaktuelle Geschehnisse werden hier zukünftig diskutiert. Als Brand haben wir daher neben der eigenen Positionierung die Möglichkeit, durch gutes Zuhören Trendentwicklungen bei unserer Zielgruppe intensiv zu verfolgen.
Clubhouse bietet viele Möglichkeiten – ob und wie sich die App entwickelt hängt, wie auch unsere eigenen Chancen auf der neuen Plattform, von der Qualität unserer Inhalte ab. Das neue „Must have“ der sozialen Medien wird sie vermutlich nicht werden, aber es kann durchaus sinnvoll sein, sich hier auszuprobieren!
Einer der wichtigsten Faktoren für die erfolgreiche Nutzung von Clubhouse ist die gelungene Moderation der eigenen Räume. Hierfür gilt es zum einen, geeignete Personen zu finden – und zum anderen, klare und sinnvolle Regeln zu definieren. Sehr gerne bin ich im Rahmen eines Workshops dabei behilflich, die richtigen Tools für Clubhouse zu finden und an den individuellen Moderations-Skills zu arbeiten!
[…] und in diesem Jahr werden auch immer mehr Medienschaffende auf der neuen Social Media App Clubhouse ihre Inhalte verbreiten. Der Sammelbegriff für all jene, die ihre Community mit Meinungen, […]